Gregor Beyer - photographed by @BILDHAUS Potsdam, Karoline Wolf

Rundschreiben an die SDW

Ich hatte mich als Vorsitzender der SDW Brandenburg im Februar mit einem Rundschreiben an unsere Mitglieder, Freunde und Unterstützer gewandt. Dieses Schreiben, das allen Empfängern auf klassischem analogen Weg zugegangen war und gleichzeitig in gekürzter Form auch als Videobotschaft veröffentlicht wurde, hat zu einer erheblichen Resonanz geführt. Das hat mich sehr gefreut und wird für uns in der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald auch weiterhin Ansporn sein, den direkten Kontakt und Austausch mit allen am Wald Interessierten zu suchen und zu halten.

Da ich auf viele Aspekte und politische Entwicklungen aus meinem Rundschreiben angesprochen worden bin, veröffentliche ich dieses gerne auch auf meiner Webseite und möchte ausdrücklich zum Dialog zu den vielfältigen Themen und Herausforderungen im Waldnaturschutz einladen.

Videobotschaft zum Rundschreiben an die SDW

Eberswalde, 01.02.2021

Anrede,
mittlerweile ist auch der erste Monat des neuen Jahres Vergangenheit, und wir blicken insgesamt auf ein Jahr zurück, welches kürzlich in einer Rede des Landtages als „Annus horribilis“ bezeichnet wurde. In der Tat wird uns das Jahr 2020 wohl lange in Erinnerung bleiben, und die Herausforderungen, die es für uns alle im Beruf wie im familiären Umfeld mit sich gebracht hat, sind noch nicht bewältigt.

Und natürlich war auch unsere SDW, allem voran unsere Landesgeschäftsstelle, mit vielfachen Herausforderungen konfrontiert. So sind im vergangenen Jahr eine ganze Reihe geplanter Veranstaltungen ausgefallen. Unsere Geschäftsstelle musste ihre Arbeit umstrukturieren, und vielerlei Aufgaben wurden auch bei uns aus dem Home-Office heraus geleistet. Ich danke insbesondere unserem Geschäftsführer und seinem gesamten Team, dass diese Herausforderung ohne jeglichen Verlust unserer verbandlichen Durchschlagskraft geleistet werden konnte!
Dabei war es ein Merkmal in der Arbeit unserer Schutzgemeinschaft, dass sich vielerlei Formate, mit denen wir arbeiten, grundlegend geändert haben. Dies ist auch der Grund, warum ich mich dazu entschlossen habe, mich erstmalig überhaupt mit einem persönlichen Brief an alle Mitglieder und Freunde unseres Landesverbandes zu wenden. Sollte sich am Ende des Tages die Erkenntnis manifestieren, dass so manches Format, das wir fast schon vergangenen Zeiten zugeschrieben hatten, uns wieder zu etwas mehr Ruhe und Nachdenklichkeit zurückführt, dann würde ich dies auf der Positivseite der gewonnenen Erfahrung buchen wollen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Ich persönlich vermisse das ein oder andere aus der „Vorcoronazeit“; gleichzeitig bin ich aber auch für das gewonnene Bewusstsein dankbar, dass überhektische Betriebsamkeit nicht immer zu einem Mehrwert führen muss.

Wahr ist auch, dass gerade das vergangene Jahr in der Forst- und Waldpolitik eine besondere Bedeutung hatte. Die sogenannten „neuartigen Waldschäden“ haben den Zustand der Wälder erneut in einer Deutlichkeit in den Fokus der öffentlichen Betrachtung gerückt, den ich zuletzt aus den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts kannte, als Waldschäden schon einmal den öffentlichen Diskurs bestimmt haben. Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich mich im vergangenen Jahr manches Mal gefragt habe: „Wo ist eigentlich unsere Schutzgemeinschaft auf Bundesebene?“
In Berlin wurden vielfache Diskurse zu Wäldern geführt, und auch der nicht ganz unwesentliche Aspekt der Novelle des Bundesjagdgesetzes hat ungeahnte Möglichkeiten für die forstpolitische Debatte eröffnet. Ich hätte mir gewünscht, dass man die SDW auch als politischen Player viel deutlicher gehört hätte. Dies insbesondere auch deshalb, weil ich unseren Verband weiterhin als wichtigstes „Scharnier“ an der Schnittstelle zwischen der ökonomischen und der ökologischen Debatte im Waldnaturschutz sehe.

Dass die beiden großen Interessenvertretungen der klassischen Forstwirtschaft auf der einen und die der Jagdverbände auf der anderen Seite nicht in der Lage waren, in dieser für unsere Wälder essentiellen Debatte zu einer gemeinsamen Position zu finden, ja vielmehr einen geradezu – teilweise auf beiden Seiten auch intellektuell – abenteuerlichen Schlagabtausch öffentlich ausgetragen haben, wäre eigentlich unsere Stunde gewesen!
Für mich ist diese Feststellung allerdings primär Ansporn für unsere eigenen Aktivitäten im gerade begonnenen Jahr. Denn die forstpolitische Debatte wird uns in diesem Jahr nun endgültig auch im Land Brandenburg einholen. Die ersten Anzeichen hat der Diskurs um die Novelle des brandenburgischen Jagdgesetzes geliefert. Für viel wichtiger erachte ich allerdings die in diesem Jahr wohl anschließende Novelle des brandenburgischen Waldgesetzes und vor allem die gerade in den vergangenen Tagen offenbar gewordene Diskussion um die Zukunft unseres Landesforstbetriebes.

Wie sehr wir uns in diese Debatten in den kommenden Wochen einmischen müssen, hat auch das nun seit wenigen Tagen vorliegende Gutachten zur Evaluation des Landesforstbetriebes, genau genommen die dazu bislang lediglich vorliegende „Management Summary“, überdeutlich gezeigt. Wenn unserem Landesbetrieb darin „das Fehlen einer gesamthaften Unternehmenssteuerung“ und auch die „Nichtexistenz eines unternehmensweiten Controllings“ attestiert wird, dann ergeben sich nur genau zwei Möglichkeiten. Entweder irren die Verfasser dieses Gutachtens, oder aber unser Lan-desforstbetrieb hat in der Tat Defizite, die ich ehrlich gesagt nicht für möglich gehalten hätte. Ich habe daher in einer ersten Reaktion Minister Vogel aufgefordert, dass er das Gesamtgutachten unverzüglich veröffentlicht. Für alle Interessierten muss schnellstmöglich die Herleitung zu den Ableitungen des Gutachtens beurteilbar werden. Ich persönlich möchte sehr genau wissen, welche un-haltbaren Defizite gegebenenfalls in demjenigen Betrieb herrschen, der für nichts weniger verantwortlich ist als für das Management der Wälder der Bürgerinnen und Bürger des Landes Brandenburg!

Natürlich haben mich zu dem Thema der erneuten Forstreformen auch viele Anrufe und Zuschriften erreicht. Ich möchte deshalb auch nochmals deutlich machen, dass ich den grundsätzlichen Ansatz einer Reform, die sich auf den Weg von einer „schwarzen Null“ hin zu einer „grünen Null“ macht, absolut begrüße! Unter den gegenwärtigen Herausforderungen des Klimawandels und der allgemeinen ökonomischen Rahmenbedingungen – mein Eindruck ist übrigens, dass einige die volkswirtschaftlichen Konsequenzen aus der gegenwärtigen Pandemie immer noch nicht ganz begriffen haben- können wir an Wäldern, die einer ganz besonderen Gemeinwohlverpflichtung unterliegen, keine übertriebenen betriebswirtschaftlichen Erwartungen anlegen. Vielmehr müssen wir nicht nur für den Landeswald, sondern generell für alle Waldbesitzarten Elemente in das ökonomische Gefüge implementieren, die die von den Waldbesitzern erbrachten Gemeinwohlleistungen auch konkret -allerdings ordnungspolitisch korrekt – entlohnen.

Übrigens haben mich in diesem Kontext auch eine ganze Reihe von Reaktionen erreicht, die es als kritisch einschätzen, dass nun ausgerechnet ein „grüner Forstminister“ solch eine Reform wagt. In einer Zuschrift stand der kurze Kommentar: „Das kann ja nur schiefgehen!“ Ich mache kein Geheimnis daraus, dass ich etwas emotionsloser an diese Sache herangehen möchte; ganz abgesehen davon, dass mich meine politische Erfahrung gelehrt hat, dass die „parteipolitische Farbenlehre“ ganz allgemein der unwichtigste Aspekt bei der Beurteilung von politischen Leistungen ist. Übrigens haben die Amerikaner dazu ein hervorragendes politisches Sprichwort, das ich in diesem Kontext empfehlen möchte: „Nur Nixon konnte nach China gehen!“ Warten wir’s doch einfach mal ab, vielleicht könnte ja ausgerechnet ein grüner Forstminister der erste in der Geschichte des Landes sein, der eine halbwegs sinnvolle Forstreform ins Ziel trägt!

Eines jedoch kann ich versprechen! Wir freuen uns in der SDW auf dieses forstpolitisch bewegte Jahr und werden die Herausforderungen mit großer Willenskraft angehen! Dabei werden wir uns auch nicht davon abhalten lassen, dass manche Veranstaltungsformate gegenwärtig nur schwer realisierbar sind. So sind wir bereits in die Vorbereitung eingestiegen, unseren diesjährigen Walddialog, wahrscheinlich sogar zwei Walddialoge, in einem ganz neuen Format zu organisieren. Abhängig vom weiteren Infektionsgeschehen beabsichtigen wir, sobald es das Wetter zulässt, einen Dialog erstmalig als Outdoorveranstaltung durchzuführen.

Mit Sicherheit werden wir diesbezüglich das Thema der Forstreform und auch die Novelle des brandenburgischen Waldgesetzes aufgreifen. Wir sind zudem gegenwärtig in Gesprächen mit einer Rei-he von Partnerverbänden. So werden wir beispielsweise im nächsten Monat erstmalig eine gemein-same Vorstandssitzung zusammen mit dem „Brandenburgischen Forstverein“ abhalten. Andere Veranstaltungen sind ebenso in Planung, allen voran natürlich auch die in diesem Jahr satzungsgemäß anstehende Mitgliederversammlung, die wir für die zweite Jahreshälfte nach der Sommerpause planen. Und dass wir weiterhin einen starken Fokus auf unsere Kernkompetenz, die Waldpädagogik in all ihren reichhaltigen Facetten und Zielgruppen legen werden, brauche ich an dieser Stelle nicht weiter auszuführen.

Alles dies ist jedoch nur durch unsere Mitglieder möglich! Deshalb freue ich mich ganz besonders, dass unsere SDW gerade auch im Bereich der Mitgliederentwicklung einen erfreulich positiven Trend verzeichnet. Wir wollen in diesem Jahr weitere Anstrengungen in den Fokus stellen, um unsere Mitgliederbasis zu erweitern. Daher auch mein Appell an alle Mitglieder des Verbandes, auch im familiären Umfeld den ein oder anderen anzusprechen und für die SDW zu begeistern.

Jedes einzelne Mitglied macht uns um eine Stimme stärker und erhöht unsere politische Wirkung im Bemühen um den Schutz unserer heimischen Wälder!

Abschließend habe ich noch eine Bitte! Auf der letzten Seite dieses Briefes befindet sich ein Eindruck für eine mögliche Rückantwort an unsere Geschäftsstelle. Wer immer eine Anregung hat, wer immer eine Kritik vortragen möchte, wer immer einfach nur einen Wunsch für ein zu bearbeitendes Thema hat oder aber wer sich zu den bevorstehenden politischen Herausforderungen positionieren möchte, der sei hierzu ausdrücklich aufgefordert.
Es genügt völlig ein kurzer handschriftlicher Vermerk und das Einfügen des bereits voradressierten Schreibens in einen Briefumschlag. Ich kann versprechen, dass wir jede einzelne Rückmeldung be-rücksichtigen werden.
In diesem Sinne wünsche ich bleiben Sie gesund und frohes Schaffen insbesondere in den Untergliederungen vor Ort!

Mit waldfreundlichen Grüßen!